Kleine Strassenbahn - Ganz groß
Modellstrassenbahnausstellung Nürnberg
 
Berichterstattung: Martin Ortner, Gestaltung: Martin Ortner und Franz Straka
Vom 04. bis 05. Juli 2009 fand im historischen Depot St. Peter in Nürnberg zum sechsten Mal Deutschlands größte Modellstrassenbahnveranstaltung statt. Über 30 Vereine und Hersteller aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Tschechien präsentierten zwei Tage lang ihre Modelle und Modulanlagen in den Maßstäben von 1:160 (Spur N) bis 1:22,5 (Spur G „LGB“).
Die Veranstaltung „Kleine Straßenbahn – ganz groß" ist als Wanderausstellung konzipiert und wird jedes Jahr bei einem anderen Strassenbahnbetrieb ausgetragen. 2008 war sie in Schwerin zu Gast und 2010 wird Bremen der Veranstaltungsort sein. Für 2011 ist Erfurt als Austragungsort vorgesehen. Sowohl für die Veranstalter, die Aussteller und die Besucher war Nürnberg ein Erfolg. Der Besucheransturm übertraf bereits am Samstag die Erwartungen der Veranstalter, als an die 800 begeisterte Besucher die Ausstellung stürmten. Der zweite Tag brachte mit 1500 zahlenden Gästen einen neuen Rekord.
Früher trugen alle Strassenbahnwagen das Wappen der Städte Nürnberg und Fürth.
Foto: Herbert Ortner
Unser Stand im Seminarraum des Strassenbahn-museums St. Peter. Die Bilder stammen von Frau Evelyne Straka. Foto: Martin Ortner
Um den Besuchern der Ausstellung die Anfahrt zu erleichtern, wurde ein Zubringerverkehr mit historischen Wagen zwischen Hauptbahnhof und Museum eingerichtet. Zum Einsatz der als Linie 15 besteckten Wagen gelangten - wie immer zur Museumsöffnung auch an diesem Wochenende die beiden Züge TW 876 + BW 1258 bzw. TW 877 + BW 1278, welche im 30-Minuten-Takt von 09:30 bis 17:00 verkehrten. Da das Nürnberger Strassenbahnnetz wegen Gleisbauarbeiten nicht durchgehend befahrbar war, wurde sogar ein Schienenersatzverkehr („Linie 75“) mit einem historischen MAN-Dieselbus (Wagennummer 833) eingerichtet, welcher auch durch die Altstadt fuhr. Erläuterungen über die während der Fahrt passierten Sehenswürdigkeiten schlossen den gelungenen Zubringerverkehr ab. Dieser Service wurde von den Besuchern rege in Anspruch genommen, da die Parkmöglichkeiten im Museumsbereich beschränkt sind. Die Anreise zum Museum ist üblicherweise auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich, die Autobuslinie 36 und die Strassenbahnlinie 6 halten an der Peterskirche, welche in Sichtweite des Depots liegt.

Triebwagen 876 mit Beiwagen 1258 wartet am Hauptbahnhof auf Fahrgäste.
Foto: Martin Ortner

Wagen 877 und Beiwagen 1278 hat den Bahnhof verlassen und fährt in Richtung Museum.
Foto: Herbert Ortner


In der Betriebsschleife am Stadtpark mussten die Fahrgäste wegen einer Streckensperre in den Schienenersatzverkehr umsteigen.
Foto: Martin Ortner
Der Ablauf der Veranstaltung aus Sicht eines Ausstellers gestaltete sich folgendermaßen: Freitag der 03. Juli 2009 war als Anreise- und Aufbautag vorgesehen. Am Vormittag wurden die historischen Züge aus der Wagenhalle gefahren und neben bzw. vor der Halle abgestellt. Im Anschluss daran konnte die Halle dem Bedarf der Aussteller entsprechend adaptiert werden. Ab 12:00 Uhr konnten die Aussteller ihre Modulanlagen oder Verkaufsstände aufbauen. Um 19:30 wurde die Ausstellung durch einen Vertreter der VAG Nürnberg als Gastgeber gemeinsam mit dem Vorstand des Museumsvereins St Peter eröffnet.

Triebwagen 876 steht am Gleis der ehemaligen Betriebshofschleife als Zug der Linie 15.
Foto: Martin Ortner

Triebwagen 910 (Baujahr 1940) mit Beiwagen stehen neben der Wagenhalle abgestellt.
Foto: Martin Ortner

Ein Blick aus dem Fenster des zweiten Stocks des Verwaltungsgebäudes bringt eine ganz andere Perspektive des Museumszugs 876 + 1258.
Foto: Herbert Ortner

Am ersten Ausstellungstag war die Veranstaltung von 10:00 bis 17:30 Uhr für Besucher geöffnet. Um 18:00 Uhr startete eine Sonderfahrt mit den Zügen TW 204, TW 876 + BW 1258 und TW 334 + BW 1556 auf dem Netz der Nürnberger Strassenbahn. Fotohalte am Hauptbahnhof, Plärrer, Stadtpark und Christuskirche lockerten die Fahrt auf und ermöglichten den Fotografen zahlreiche schöne Fotomotive.

MAN - Triebwagen 204 (Baujahr 1904) wartet in der Schleife Stadtpark auf das Eintreffen der anderen Züge. Foto: Martin Ortner


Nun ist auch unser Triebwagen 876 mit Beiwagen 1258 in der Betriebsschleife am Stadtpark eingetroffen.
Foto: Martin Ortner

Als letzter Zug erreichte der sechsachsige Gelenktriebwagen 334 mit Beiwagen 1556 den Fotohalt. Foto: Martin Ortner

Auch der Fotohalt am Plärrer brachte gute Fotoausbeute. Man konnte alle Züge bei der Schleifenfahrt fotografieren. Foto: Martin Ortner
Da auch der Großraumzug am Plärrer wenden musste, nutzten wir die Einfahrt des Zuges für ein Streckenfoto. Foto: Martin Ortner
Die Fahrt endete schließlich gegen 19:30 Uhr im Betriebshof Heinrich-Alfes-Straße. Eine Führung durch den Betriebshof mit Besichtigung eines neuen Wagens vom Typ „Variobahn“ schloss den offiziellen Teil ab und ein gemeinsames Abendessen im Gasthof Landbierparadies liess den Tag ausklingen.

Nach dem Eintreffen im Betriebshof ergab sich die Möglichkeit drei Generationen von Zügen zu dokumentieren. Foto: Herbert Ortner

Zwei Stadtbahnwagen der Type N8 stehen neben einer neuen Variobahn in der Wagenhalle abgestellt.
Foto: Martin Ortner

Um die neue Variobahn 1203 besser fotografieren zu können, wurde sie in die Abstellhalle für uns aufgestellt. Foto: Martin Ortner

Fahrerplatz der neuen Variobahn, welche vom Fahrzeughersteller Stadler Pankow für die VAG gefertigt wird. Foto: Herbert Ortner

In der Werkstätte steht Nürnbergs neueste
Variobahn 1206 abgestellt.
Foto: Herbert Ortner

Im Zuge der Führung konnte auch die Werkstätte zur Instandsetzung der Drehgestelle besichtigt werden. Foto: Martin Ortner
Der Sonntag begann ebenso wie der Samstag mit der Abholung der Aussteller mit einem historischen Autobus direkt bei den Hotels. Die Besucher hatten bis 17:00 Uhr Zeit die Ausstellung zu besuchen. Im Anschluss daran begann der Abbau, welcher in geordneten Bahnen ohne Zwischenfall ablief.
Durch die beengte Platzsituation im historischen Depot war es leider nicht möglich alle Aussteller in der Fahrzeughalle unterzubringen. Es mussten auch die Werkstätte sowie der Tagungsraum herangezogen werden. Offenbar hatte nicht jeder Besucher die Hinweise auf die anderen Räumlichkeiten wahrgenommen, denn wie die Teilnehmer der Railway-Media-Group feststellten mussten, war man im Seminarraum oft mit den anderen Ausstellern alleine, während in der Fahrzeughalle bereits beachtliches Gedränge herrschte.
15 Modulanlagen luden zum Anschauen, Fotografieren und Filmen ein. Züge mit digital gesteuerten Ausstattungsdetails, vom Blinker bis hin zur digitalen Fahrzielanzeige, zeigten die Möglichkeiten moderner Modellbahntechnik auf. Handarbeitsmodelle sowie verfeinerte Großserienmodelle wechselten sich auf den Anlagen ab. So international wie die Veranstaltung war, so war auch der auf den Anlagen eingesetzte Fuhrpark. Man konnte neben dem aktuellen deutschen Niederflurzug auch österreichische Zweiachser aus der Anfangszeit der elektrischen Traktion erleben. Die Anlagen der Vereine zeigten, dass es nicht nur auf die eingesetzten Züge ankommt, sondern auch die Anlagenausstattung maßgebend zum guten Erscheinungsbild beiträgt. Zahlreiche authentische Gebäude nach konkretem Vorbild waren auf der Magdeburger Anlage zu bewundern. Aber auch die Nürnberger Modulbauer zeigten, dass sie landschaftsbauerisch einiges zu bieten haben. Weitere sehenswerte Anlagen waren die Anlage des Modellstrassenbahnclubs aus Dresden, des Modellbauvereins Schwerin und der Clublinie 11 aus Bremen.

Im Seminarraum errichtete der Verein "Modulbau Nürnberg" unter dem wachsamen Auge von Tobias Ruschel eine sehenswerte Anlage.
Foto: Herbert Ortner

Auf der fertig aufgebauten Anlage herrscht reges Treiben. Lastwagen, Pkws und hunderte Figuren mussten aufgestellt werden.
Foto: Herbert Ortner

Neben den historischen Strassenbahnen konnte man sich auch den MAN- und Büssig - Oldtimer anschauen. Foto: Martin Ortner

In Maßstab 1:1 schon selten, aber in 1:87 wohl einmalig: Eine funktionsfähige Kletterweiche.
Foto: Herbert Ortner

Das städtische Gaswerk bekommt seine Kohle per Strassenbahn. SLB Elektrolok schiebt gerade einen Kohlewagen in die Kokerei. Foto: Herbert Ortner

Eine alte Garnitur der Lokalbahn Wien - Baden ist offenbar auf Städtereise in Nürnberg.
Foto: Herbert Ortner

Es herrscht Aufbruchstimmung in den späten 1950er Jahren. Altes wird abgerissen und Neues wird gebaut. Die moderne Strassenbahn dreht ihre Runden durch die Stadt. Foto: Herbert Ortner

Eine kleine Remise eines ostdeutschen Strassenbahnbetriebs. Wie lange stehen die alten Zweiachser wohl noch im Einsatz, wenn die modernen Tatras schon geliefert sind ? Foto: Herbert Ortner
Gleise für den Modellstrassenbahner konnte man beim Stand der Schweizer Firma NAVEMO begutachten, welche das LUNA Gleis- und Bodenflächensystem vorstellten - ein Hohlprofilgleis, welches in den unterschiedlichen Bettungsvarianten Asphalt, Beton, Pflasterstein und Rasengleis angeboten wird. Zwei unterschiedliche Radien ermöglichen den Aufbau einer zweigleisigen Strecke. Weichen, Kreuzungen und T-Kreuzungen mit oder ohne Verbindungsbögen vervollständigen das Gleissortiment. Ein vorbildgetreues Gleissystem konnte am Stand von Herrn René Felgentreu und Werner Jurkowski bewundert werden. Ein Modellgleis aus den USA bestehend aus Messingätzteilen sorgt für perfekte Optik, es erfordert aber einiges an handwerklichem Geschick. Neben dem Gleissystem konnte man auch perfekte Messingmodelle deutscher Strassenbahnwagen ansehen.

Auf der Anlage von René Felgentreu konnte man ein beeindruckendes Gleissystem und ebensolche Eigenbaufahrzeuge erleben. Foto: Herbert Ortner

Modellbau vom Feinsten stellt dieser BVG-Triebwagen dar, der aus Messingätzblechen und Gußteilen gebaut ist. Foto: Herbert Ortner

Auch dieser IKARUS-Gelenkobus zeigt den
heutigen Stand der Kleinserienmodelle.
Foto: Herbert Ortner

Ein Zweiachser Zug dreht auf der Anlage des Modellstraßenbahnclub der DVB AG e.V. seine Runden. Foto: Herber Ortner
Ein kleines Modul mit Triebwagenhalle und Wendeschleife zeigte uns Herr Bayer - Lemerz. Die Weichen sind über die im Vordergrund sichtbaren Knöpfe manuell zu stellen.
Foto: Herbert Ortner
Freunde der Tatra-Wagen wurden beim Hersteller Miroslav Barnet, MB Modely, fündig. Neben den bekannten Modellen gab es auch die 2009er-Neuheit, den Doppelgelenktriebwagen KT8D5, zu sehen. Er ist in den Ausführungen für Prag, Brünn, Pilsen, Ostrava und Strausberg lieferbar. Die Ringhoffer-Zweiachser aus Prag waren ebenso erhältlich, wie die bekannten IKARUS-Busse.
Neben hochpreisigen Modellen für Sammler gab es auf den Ständen der Aussteller auch preisgünstige Modelle aus zweiter Hand zu kaufen. Freunde der Wiener Firma Halling wurden nicht nur beim Verkaufsstand der Railway-Media-Group fündig, sonder auch bei Rolf Hafkes Tram Shop, der auch durch sein internationales Buchprogramm zu begeistern wusste.
Erwähnenswert aus Wiener Sicht sind auch die Beschriftungsbögen für die Wiener Strassenbahnmodelle des Kleinserienherstellers Manfred Bayer – Lemerz, welche auch aus dem Modellstrassenbahn Forum bekannt sind. Sie stellen eine wichtige Ergänzung bzw. Alternative zu den teilweise nicht mehr erhältlichen Beschriftungsbögen der Firma Sedlacek dar.
Abschließend möchte sich das Team der Railway-Media-Group bei den Veranstaltern in Nürnberg für die gelungene Veranstaltung bedanken und den Kollegen aus Bremen einen ebenso großen Erfolg wünschen.

Text : Martin Ortner
Fotos: Herbert Ortner und Martin Ortner
Gestaltung: Martin Ortner
August 2009